Ehrung für ehemaligen Klinikdirektor

29.03.2009 -  

lembckeAm 30. März 2009 lädt die Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie in Magdeburg zu einer Festveranstaltung ein. Anlass ist der 100. Geburtstag ihres ehemaligen Klinikdirektors Prof. em. Dr. med. Werner Lembcke.

Nach dem einleitenden Grußwort des Präsidenten der Ärztekammer Sachsen-Anhalts, Dr. Henning Friebel, wird OMR Prof. em. Dr. Wolfgang Röse einen Vortrag halten über den bekannten Magdeburger Chirurgen Professor Lembcke als Wegbereiter interdisziplinärer Zusammenarbeit in der modernen Medizin. Anschließend wird der heutige Klinikdirektor Prof. Dr. Hans Lippert sich mit dem Thema "Chirurgisch-anaesthesiologische Kooperation aus der Sicht des Chirurgen" auseinandersetzen, bevor abschließend Professor Peter von Wichert aus Hamburg auf die Akademische medizinische Ausbildung im Vergleich gestern und heute eingehen wird.

Die Festveranstaltung findet um 15 Uhr im Hörsaal, Haus 10, auf dem Campus des Uniklinikums Magdeburg, Leipziger Straße statt.


Zum Gedenken an den 100. Geburtstag von Professor Werner Lembcke am 30. März 2009
Von Prof. em. Dr. med. Wolfgang Röse

Als 1954 am Sudenburger Klinikum die Medizinische Akademie Magdeburg gegründet wurde, wirkten hier zunächst nur sechs Professoren. Einer von ihnen war Prof. em. Dr. med. Werner, der erst ein Jahr zuvor mit der Leitung der Chirurgischen Klinik betraut worden war - einer traditionsreichen Einrichtung, an der so bekannte Vorgänger wie Rudolf Habs, Walter Wendel, Wilhelm Löhr und Friedrich Lotsch tätig gewesen waren.

Für die Übernahme akademischer Verpflichtungen war Werner Lembcke von seiner Ausbildung her bestens gerüstet. Nach dem 1934 in Jena abgelegten Medizinischen Staatsexamen und der 1935 erfolgten Promotion erfuhr er zunächst eine neurologisch-psychiatrische Facharztweiterbildung, ehe er sich ab 1938 ganz der Chirurgie zuwandte. Angesehene Lehrer wie der Neurochirurg Wilhelm Tönnis, besonders aber Johannes Carl Lehmann, nach dessen Tod er für ein Jahr die Rostocker Chirurgische Universitätsklinik kommissarisch leitete, beeinflussten ihn maßgeblich. Habilitation und Dozentur folgte 1952 die Ernennung zum Professor mit Lehrauftrag an der Rostocker Medizinischen Fakultät.

Die in Magdeburg vorgefundenen äußeren Bedingungen waren Mitte der 1950er Jahre alles andere als ermutigend oder gar hochschulgerecht. Die 200 chirurgischen Krankenbetten waren in verschiedenen, zum Teil weit verstreuten, vom Kriege unversehrt gebliebenen Gebäuden untergebracht. Die Operationssäle befanden sich in der Nervenklinik. Die eigentliche, 1925-1927 nach modernsten Gesichtspunkten gebaute Chirurgische Klinik diente noch bis 1957 als Lazarett der sowjetischen Streitkräfte.

Mit der ihm eigenen unerschütterlichen Tatkraft, seinem Motivationsvermögen für den nie mangelnden Assistentennachwuchs, dank nimmer müder Improvisations- und Innovationsfreudigkeit sowie seiner Ämtern und Behörden gegenüber oft unbequemen Beharrlichkeit gelang es Werner Lembcke, innerhalb relativ kurzer Zeit und unter schwierigen Bedingungen, der Magdeburger chirurgischen Hochschulklinik akademisches Profil zu verleihen.

Während seiner mehr als 20jährigen Klinikleitung förderte er die Entwicklung der Chirurgie in vielfacher Hinsicht. Selbst noch Generalist und "in allen chirurgischen Sätteln gerecht", trug er der sich allgemein abzeichnenden Spezialisierung Rechnung. So entstanden Arbeitsbereiche für Neurochirurgie, Traumatologie, Kinderchirurgie, Urologie , Plastische und Wiederherstellende Chirurgie, aus denen früher oder später Lehrstühle wurden.

Werner Lembckes Wirken endete nicht an der eigenen Klinikpforte!
Überzeugt setzte er sich für ein patientendienliches Zusammenwirken der immer zahlreicher werdenden medizinischen Fachgebiete ein, wobei er die konservativen Disziplinen ausdrücklich einbezog. Sein Verhältnis zu den internistischen und pädiatrischen Fachvertretern war - im Gegensatz zum damaligen allgemeinen Trend - beispielgebend positiv.

In seinen stets gut besuchten, didaktisch eindrucksvollen Vorlesungen, in deren Genuss 18 Jahrgänge Magdeburger Medizinstudenten kamen, hatte er weniger künftige Chirurgen als den immer wieder zitierten "Arzt im Landambulatorium Hötensleben" als Zielfigur.
Praxiswirksamkeit "an Ort und Stelle" war für Werner Lembcke auch das Motiv, 1960 die Magdeburger "Schnelle Hilfe" einzurichten, den damals ersten und zunächst einzigen arztbesetzten Notfallrettungsdienst in der DDR, aus dem sich später das landesweit organisierte System der außerklinischen medizinischen Notfallbetreuung entwickelte.

Weiter- und Fortbildung - nicht nur für Chirurgen und nicht nur in der Medizin - waren ihm ein lebenslanges Anliegen. Ob im Rahmen der Medizinischen Gesellschaft Magdeburg, bei der "Schierker Woche" und ihren Nachfolgeveranstaltungen, ob bei regionalen oder nationalen spezifisch-chirurgischen oder fachübergreifenden wissenschaftlichen Kongressen: Werner Lembcke war als begnadeter Redner oder erfahrener Tagungsleiter ein gefragter Mitwirkender.

Frühzeitig erkannte er, dass sich auch die Anästhesiologie aus dem Mutterfach Chirurgie verselbständigen würde. Er förderte diese Entwicklung nach Kräften und konnte in seinem letzten Amtsjahr noch erleben, dass in Magdeburg einer der ersten Lehrstühle für Anästhesiologie in Deutschland entstand. Seine Verdienste um die akademische Etablierung dieses auch für die Chirurgie wichtigen neuen Fachgebietes wurde 1983 mit der Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für Anaesthesiologie und Intensivtherapie der DDR gewürdigt.

Als Werner Lembcke 1974 - mit weiteren zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt - das Direktorat der Chirurgischen Klinik in jüngere Hände übergab, war die von ihm gelegte Saat für eine zukunftsträchtige Weiterentwicklung der akademischen Chirurgie in Magdeburg nicht nur gelegt, sondern bereits aufgegangen.

Befreit von der Last chirurgischer Tagesarbeit konnte sich der Emeritus nun in seinem Heim am Rande des Harzes seinen lange zu kurz gekommenen Neigungen widmen: dem Reiten, dem Lesen, der Kommunikation mit seinem großen Bekannten- und Freundeskreis. Immer wieder neue geistige Anregungen erfuhr er insbesondere aus den nun regelmäßig wahrgenommenen Veranstaltungen der Leopoldina in Halle.

Auch mit seinen Schülern Kontakt zu behalten, war ihm ein Anliegen. Einigen von ihnen vertraute er sich vorbehaltlos an, als er selbst medizinischer Hilfe bedurfte. Nach schwerer, geduldig ertragener Krankheit verstarb Prof. Werner Lembcke wenige Monate nach seinem 80. Geburtstag am 13.08.1989.

Er wird nicht nur seiner Familie, sondern seinen Schülern, Freunden, Kollegen und nicht zuletzt ungezählten Patienten in dankbarer Erinnerung bleiben.

(veröffentlicht im "Ärzteblatt Sachsen-Anhalt" 3-2009)

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