Fortschritt in der Synapsen-Forschung

09.06.2010 -  

Schaltstellen zwischen Nervenzellen - sogenannte Synapsen - spielen für die Informationsübertragung und -verarbeitung im Gehirn eine entscheidende Rolle. Der Aufbau neuer Synapsen ist für Lern- und Gedächtnisvorgänge im Gehirn von großer Bedeutung. Störungen beim Neuaufbau, Umbau aber auch beim Abbau von Synapsen führen zu Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie z.B. dem Morbus Alzheimer oder anderen Formen von Demenzen. Wissenschaftler aus Düsseldorf, Magdeburg und Heidelberg konnten nun erstmalig eine molekulare Kooperation von bestimmten Zelloberflächenproteinen (N-Cadherin und Neuroligin-1) zeigen, die für die Bildung und Stabilisierung von Synapsen wichtig sind. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden in der aktuellen Ausgabe der international renommierten Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA" veröffentlicht.

An Synapsen sind die prä- und postsynaptischen Nervenzellen durch den sogenannten synaptischen Spalt getrennt. Die schnelle Informationsübertragung erfolgt durch Freisetzung eines Neurotransmitters aus präsynaptischen Endigungen (Terminalien), der dann postsynaptische Rezeptorproteine in den sogenannten Dornen ("spines") aktiviert. Darüber hinaus sind prä- und postsynaptische Nervenzellen durch eine Reihe unterschiedlicher, über den synaptischen Spalt hinweg interagierender Adhäsionsproteine verbunden. Wissenschaftler des Instituts für Neuro- und Sinnesphysiologie der Universität Düsseldorf (AG Prof. Kurt Gottmann) konnten nun in Zusammenarbeit mit Heidelberger (AG Dr. Thomas Dresbach) und Magdeburger Kollegen des Instituts für Physiologie der Otto-von-Guericke-Universität (Dr. Tanja Brigadski, Prof. Dr. Volkmar Leßmann) zeigen, dass ein Zusammenwirken von zwei Adhäsionssystemen (N-Cadherin und Neuroligin-1) erforderlich ist, um die Ansammlung synaptischer Vesikel (sie enthalten den Neurotransmitter) in der Präsynapse anzuregen, die für den Aufbau funktionsfähiger Synapsen wichtig ist. Dies zeigt, dass Reifungs- und Stabilisierungsprozesse von Synapsen durch eine komplexe Kooperation mehrerer Zell-Adhäsionssysteme gesteuert werden.

Über ihre wichtige Bedeutung für grundlegende Vorgänge an Synapsen hinaus, könnten synaptische Adhäsionsproteine auch eine entscheidende Rolle bei einigen neurologischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen, bei denen massiver Abbau von Synapsen (z.B. Morbus Alzheimer) oder Fehlverschaltungen von Nervenzellen auftreten (z.B. bei Epilepsie), spielen.

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Abb.: Mit Hilfe der in Magdeburg entwickelten Einzelzell-Elektroporation in kultivierten Hirnschnitten des Hippocampus konnte in der o.g. Veröffentlichung erstmals eine molekulare Interaktion von N-Cadherin- und Neuroligin-1-Adhäsionsmolekülen gezeigt werden. A: Pyramidenzellen des Hippocampus einer Ratte nach Einzelzell-Elektroporation mit grün fluoreszierendem Protein (GFP) zur Sichtbarmachung der Nervenzellfortsätze (Dendriten) B: Ausschnittsvergrößerung des weiß markierten Bereichs in A: Dendrit mit postsynaptischen Dornen (grün) und rot angefärbten (Farbstoff: FM 4-64) präsynaptischen Terminalien. C: Ausschnittsvergrößerung der weiß markierten Bereiche in B: Postsynaptische Dornen (grün) mit gegenüberliegenden präsynaptischen Terminalien (rot)

Originalveröffentlichung "Essential cooperation of N-Cadherin and neuroligin-1 in the transsynaptic control of vesicle accumulation" (Stan et al., 2010): http://www.pnas.org/search?fulltext=le%C3%9Fmann&submit=yes&go.x=11&go.y=10

Kontakt:

Prof. Dr. Kurt Gottmann, Institut für Neuro- und Sinnesphysiologie, Universität Düsseldorf;


oder
Prof. Dr. Volkmar Leßmann, Institut für Physiologie; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,

Letzte Änderung: 11.12.2017 - Ansprechpartner: Webmaster